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Mentale Gesundheit, Lebenszufriedenheit, Arbeitsleben: das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) wirkt sich signifikant positiv auf diverse Lebensbereiche aus. Menschen arbeiten nicht weniger, sind aber deutlich zufriedener im Beruf und mental gesünder. Das sind die zentralen Erkenntnisse des Pilotprojekts Grundeinkommen, des bislang größten Feldexperiments zum BGE in Deutschland und der größten zivilgesellschaftlich initiierten Studie zum Grundeinkommen weltweit.
Die Studie konzentrierte sich auf erwerbstätige Einzelpersonen zwischen 21 und 40 Jahren mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.100 bis 2.600 Euro. Wissenschaftler*innen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien), dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der University of Oxford, der Frankfurt School of Finance & Management und der Universität zu Köln untersuchten die Wirkung des BGE. Knapp 1.700 Personen nahmen teil, 122 erhielten von Juni 2021 bis Mai 2024 monatlich 1.200 Euro. Das randomisiert-kontrollierte Studiendesign ermöglicht belastbare Aussagen über die kausalen Effekte des Grundeinkommens.
„Die Ergebnisse liefern einen Beitrag zur evidenzbasierten Versachlichung der Debatte um das Narrativ des Grundeinkommens“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Schupp, der die Studie beim DIW Berlin geleitet hat. „Es wäre wünschenswert, wenn in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft hoffentlich künftig verstärkt faktenbasiert gestritten würde“, führt er fort.
Janine Busch, die das Pilotprojekt Grundeinkommen bei Mein Grundeinkommen e.V. leitet, ergänzt: „In einer Zeit, in der politisch vermehrt mit Unwahrheiten agiert wird, sind Fakten für eine gesunde Demokratie besonders wichtig. Das Pilotprojekt Grundeinkommen liefert belastbare wissenschaftliche Daten, die eine evidenzbasierte Sozialpolitik möglich machen und unseren demokratischen Diskurs füttern.“
Arbeit, Selbstbestimmung, Wohlbefinden und Finanzen - Grundeinkommen wirkt positiv auf diverse Lebensbereiche
„Das Bedingungslose Grundeinkommen führt nicht in die selbstgewählte Arbeitslosigkeit“, so Prof. Dr. Frederik Schwerter, Associate Professor für Mikroökonomie an der Frankfurt School of Finance & Management. „Die Differenz des Erwerbslosenanteils zwischen Grundeinkommens- und Vergleichsgruppe liegt bei einer statistischen Null. Deutliche Unterschiede zeigen sich aber im Umgang mit der eigenen beruflichen Situation: In der Grundeinkommensgruppe bilden sich viele weiter und sind zufriedener mit ihrem Erwerbsleben. Es erfolgte weder ein vermehrter Rückzug aus dem Arbeitsmarkt noch eine signifikante Reduktion der geleisteten Arbeitsstunden.“ Dies fordert Annahmen heraus, die von einem Erwerbsrückgang von bis zu 27 Prozent ausgehen, und wirkt sich somit auch auf die Frage der Finanzierbarkeit aus.
Der Verein Mein Grundeinkommen hat 2023, parallel zur Langzeitstudie, in Kooperation mit dem DIW Berlin bereits einen interaktiven Online-Finanzierungsrechner entwickelt. Dieser zeigt: Das Grundeinkommen ist finanzierbar. Die Mittelschicht würde deutlich gestärkt, denn 83 Prozent der Bevölkerung würden finanziell profitieren. Für 7 Prozent der Deutschen würde sich nichts ändern. Nur 10 Prozent müssten mehr beitragen. „Damit stabilisiert das BGE nicht nur Einzelpersonen, sondern kann unsere Gesellschaft und Wirtschaft zukunftsfähig machen“, ordnet Klara Simon, Vorstandsvorsitzende von Mein Grundeinkommen e.V., ein.
Ein BGE erweitert den Handlungsspielraum der Menschen deutlich. Die Grundeinkommensgruppe zeigt über den gesamten Studienzeitraum ein gesteigertes Autonomieempfinden. Außerdem verbessert sich ihr allgemeines Wohlbefinden. Das zeigt sich in besserer mentaler Gesundheit, höherer Lebenszufriedenheit, weniger Stress, besserem Schlaf und einem erfüllteren Sozialleben. Die Probandinnen mit BGE verbringen fast vier Stunden pro Woche mehr mit ihren sozialen Kontakten als die der Vergleichsgruppe.
Die Studie zeigt: Zwar erfüllen sich die Probandinnen mit Grundeinkommen zuerst lang gehegte Wünsche, später sparen und investieren allerdings viele. So bauen sie sich nachhaltig finanzielle Sicherheit auf. Während der Studienlaufzeit sank der Anteil derer mit einem Vermögen von weniger als 10.000 Euro auf 13 Prozent, im Vergleich zu 27 Prozent in der Vergleichsgruppe. Zudem teilen die Menschen mit BGE mehr als doppelt so viel Geld mit ihrem Umfeld oder durch Spenden als die Vergleichsgruppe – etwa 125 Euro pro Monat.
Eine neue Faktenlage: Jetzt liegt es am politischen Willen
Überlastung, Dauerstress und psychische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Gründen für Krankmeldungen. „Ein BGE kann zu massiven Einsparungen im Gesundheits- und Sozialsystem führen. Denn: Mental stabile Menschen können produktiver und innovativer arbeiten”, so Klara Simon. „Zusätzlich fehlen der Politik bisher Antworten auf die fortschreitende finanzielle Spaltung unserer Gesellschaft. Als zentrales Element eines modernisierten Sozialsystems erhöht das BGE die Chancengleichheit deutlich. So kann es ein wirksames Instrument gegen die wachsende soziale Ungleichheit in diesem Land sein, die unsere Demokratie gerade von innen aushöhlt“, ordnet Simon ein.
Um die Debatte weiterhin mit Fakten anzureichern, wird der Verein seine Mittel künftig einsetzen, um gesellschaftliche Potenzialanalysen durchzuführen, die Gruppeneffekte von Grundeinkommen zu beforschen und Grundeinkommen durch seine Verlosung weiterhin erlebbar zu machen. Am kommenden Tag der Arbeit verlost Mein Grundeinkommen e.V. etwa eine halbe Millionen Euro in Bedingungslosen Grundeinkommen.
Den entsprechenden Wochenbericht vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) finden Sie hier.
Weitere Informationen zur Studie: www.pilotprojekt-grundeinkommen.de
Zeitgleich mit der Veröffentlichung der Studienergebnisse startet der Podcast „Bedingungslos. Die Wahrheit über das Grundeinkommen.“, in dem Studienteilnehmende sowie Forschende zu Wort kommen.