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Von einem Markt in der chinesischen Millionenstadt Wuhan bis zum ersten Fall im bayerischen Stockdorf: Aneinander gekettete infektiöse Verbindungen machten die rasante Ausbreitung des Coronavirus möglich. Dabei spielen globaler Handel und Reisen eine entscheidende Rolle. Mittlerweile sind so viele, ursprünglich lokal begrenzte infizierte Netzwerke miteinander verbunden, dass die Weltwirtschaft unter der Epidemie leidet. Internationale Airlines fliegen kaum mehr nach China; globale Lieferketten sind unterbrochen. Seitdem das Coronavirus bekannt wurde, wächst die Volkswirtschaft in vielen Staaten deutlich langsamer als erwartet.
Werden ursprünglich lokale Netzwerke zu internationalen Verbindungen, spricht man von Perkolation. Wann Perkolation entsteht und verschwindet, kann man nun dank eines international besetzten Forscherteams besser vorhersagen.
In ihrer am 10. Februar in der Fachzeitschrift Nature Physics veröffentlichten Studie erklären die Forscher um Professor Dr. Jan Nagler, Professor für Computerwissenschaften und Leiter der Deep Dynamics Group an der Frankfurt School of Finance & Management, wie und wann große Netzwerke entstehen und zusammenbrechen. Hierfür hat das internationale Forscherteam, zu dem auch Wissenschaftler des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gehören, riesige Datenmengen ausgewertet und das Entstehen und Vergehen verschiedener Netzwerke simuliert. Dabei haben sie ein allgemeingültiges Gesetz entdeckt, dem die größten Störungen im Netzwerk exakt folgen.
Beispiel: Das Ausbleiben vieler Krankheiten wie Alzheimer steht im engen Zusammenhang mit einem perfekt funktionierenden Wechselwirkungsnetzwerk von Proteinen in unseren Zellen. Im Protein-Protein-Wechselwirkungsnetzwerk mit tausenden von Proteinen und bekannten Interaktionen konnten die Wissenschaftler zeigen, wie akkumulierte Störungen in wenigen Wechselwirkungen das Gesamtnetzwerk beinträchtigen.
„Wir haben ein mathematisches Modell entwickelt, das unabhängig von den Details des jeweiligen Netzwerkes die Wahrscheinlichkeit für globale Zusammenbrüche beschreibt“, sagt Dr. Jingfang Fan vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Erstautor der Studie.
Professor Dr. Jan Nagler ergänzt: „Bei unserer Forschung half ein Konzept aus der Finanzwelt, das extreme Veränderungen in fluktuierenden Finanzmärkten quantifiziert. Wir haben gezeigt, dass dieses Konzept auch sprunghaftes Netzwerkwachstum oder plötzliches Zusammenbrechen von globalen Netzwerken beschreibt.“
In ihrer interdisziplinären Arbeit kombinieren die Wissenschaftler Konzepte aus Finanzwissenschaften, Physik, Biochemie, Ingenieurs- und Sozialwissenschaften und bringen erstmals lokale und globale Netzwerkstörungen in direkten Zusammenhang. Zukünftig kann die Theorie dabei helfen, rechtzeitig auf Perkolation mit Gegenmaßnahmen zu regieren – wie zum Beispiel durch das Schließen von Flughäfen bei der Ausbreitung einer Epidemie.
In einem nächsten Schritt wollen die Forscher erarbeiten, wie man mit Hilfe der entwickelten Theorie das Risiko für ein plötzliches Zusammenbrechen von ökologischen Netzwerken und vernetzten Banken besser schätzen kann. „Durch unsere Arbeit möchten wir erreichen, dass wir in der Zukunft besser auf Krisen reagieren können – unabhängig ob ökonomisch, durch den Klimawandel oder auch bei Krankheiten – mit unserem Modell haben wir einen ersten wichtigen Schritt getan“, betonen Professor Dr. Jan Nagler und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jürgen Kurths, Leiter der Forschungsabteilung für Komplexitätsforschung am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
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